Müssen die Mainzer Plätze wieder grüner werden?

Michael Erfurth

Michael Erfurth say

Wer ein Schottergarten-Verbot für seine Bürger erlässt, muss mit gutem Beispiel vorangehen. Ein Vorbild allerdings ist die Stadt Mainz in Sachen „Grün statt Steine“ nicht. Denn so manch ein Platz, der in den vergangenen Jahren neugestaltet wurde, lässt den Willen, genug fürs Stadtklima zu tun, vermissen. 

Michael Bermeitinger

Michael Bermeitinger say

In der Tat scheint es ein Gegensatz zu sein, wenn die Stadt einerseits Schottergärten verbietet, andererseits der ein oder andere neu gestaltete Platz wenig begrünt daherkommt.

Michael Erfurth

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Es muss aber dringend mehr Grün in die Stadt! 

Michael Bermeitinger

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Ganz so einfach ist es aber nicht, denn der öffentliche Raum hat ja Funktionen zu erfüllen. Und das steht dem „alles muss grün werden“ gelegentlich entgegen. Natürlich muss die Stadt ihr Baum-Defizit nach den meist wegen Schäden erfolgten Fällungen ausgleichen, aber eine City ist weder Park noch Stadtwald.

Michael Erfurth

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Hier mal ein trauriges Beispiel: Die Spitze der Zollhafen-Südmole, herrlich gelegen direkt am Rhein und am Rande der dicht bauten Neustadt, wurde vor drei Jahren im wahrsten Sinne des Wortes zugepflastert. Die Begründung, dafür soll es auf der Nordmole einen Grünstreifen geben, ist mau. Beim Münsterplatz oder beim Maria-Einsmann-Platz an der Großen Langgasse wäre mit etwas gutem Willen beim Umbau sicherlich mehr Grün drin gewesen. Und der denkmalgeschützte Jockel-Fuchs-Platz, das ist zu befürchten, bleibt auch nach der Rathaussanierung eine triste, sich im Sommer stark aufheizende Asphaltwüste. Das Land und damit auch die öffentliche Hand, hat die großflächige Versiegelung des Platzes vorm Uni-Eingang zu verantworten. 

Michael Bermeitinger

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Stimmt. Der Münsterplatz ist durch die Umgestaltung fürwahr kein Kleinod geworden, aber der Verweis der Verwaltung auf begrenzte Möglichkeiten ist glaubhaft. Denn wer in Mainz den Boden aufgräbt, stößt entweder auf Römisches oder auf Kabel, Rohre und Leitungen. Wo es geht, werden diese neu geordnet wie vor ein paar Jahren in der Bahnhofstraße, aber es geht halt nicht überall, und das setzt Grenzen. So wie die Erreichbarkeit höherer Gebäude durch die Feuerwehr. Das Beispiel Uni-Vorplatz zeigt andere Grenzen, und die liegen im Verhalten der Menschen. Durch die neue Großhaltestelle seitlich zum Platz haben sich die Laufwege verändert. Nicht mehr diagonal über den Platz aufs Portal zu, sondern von der Seite. Hätte man dort die alte Grünfläche wieder angelegt, wäre sie durch den neuen Laufweg einfach platt gelaufen worden, weil jeder von Bus und Bahn den direkten Weg nimmt. Der alte Baumbestand ist übrigens weitgehend erhalten geblieben.

Michael Erfurth

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Auch das Ludwig-Lindenschmitt-Forum vorm Neubau für das Römisch-Germanische Zentralmuseum am Ende der Neutorstraße hat zwar aus Zeiten der früheren Neutorschule einen schönen, alten Baumbestand – der vor Jahren sogar zur Disposition stand. Doch neben den Bäumen hat man kräftig Platten verlegt. Ganz ohne Einfluss ist die Stadt bei Projekten des Landes nicht. Versorgungsleitungen im Boden, die Feuerwehr, der Denkmalschutz oder wie beim Zollhafen und beim Archäologischen Zentrum die Gestaltungsidee, werden gerne als Begründungen genannt. Nicht immer sind diese nachvollziehbar. Dazu kommt die miserable Bilanz beim Baumbestand. Im Jahr 2021 hat die Stadt 425 Bäume auf öffentlichen Flächen aus unterschiedlichen Gründen gefällt, aber nur 151 Nachpflanzungen vorgenommen. 

Michael Bermeitinger

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Ja, auch das Lindenschmitt-Forum wird oft moniert. Nimmt man aber den Begriff Forum passenderweise in der Bedeutung der Antike, handelt es sich um einen Raum für Veranstaltungen, und hierfür ist dieser Platz ideal geeignet, zumal die Wohnbebauung ein Stück entfernt ist. Aber mehr Grün – Blumen, Büsche, weitere Bäume? – wäre störend. Was vergessen wird: Hinterm Zentrum soll ohnehin ein kleiner Park entstehen.

Michael Erfurth

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Das alles passt ber überhaupt nicht zur „Grünflächenoffensive“, die der Stadtrat 2020 zu Recht beschlossen hat, oder zur Ausrufung des Klimanotstandes im Jahr 2019. Und es passt nicht zur neuen Grünsatzung, die bei Neubauten Schottergärten verbietet und mehr Pflanzungen von Privaten einfordert, während die Stadt bei ihren Bäumen eine Negativbilanz aufweist.

Michael Bermeitinger

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Ob nun das Zupflastern der Südmole eines Tages durch fröhliches Leben seine Rechtfertigung erfährt, sei dahingestellt. Aber in der City sind Plätze ohne überbordendes Grün schlicht sinnvoll, weil man den Raum benötigt und weil man auch nicht jede Fassade mit Bäumen zustellen soll, gerade die historischen. Der Wunsch nach mehr Grün ist verständlich, aber der Weg zur Verwirklichung ist von den Fragen nach Sinnhaftigkeit und Machbarkeit gepflastert.